Die CS-Krise
Die CS-Krise hat sich nicht an das wirtschaftsliberale Too-big-to-fail-Drehbuch gehalten. Nun braucht es endlich eine wirksame Prävention.
Von Daniel Lampart (SGB-Chefökonom) März 2023
Es ist entsetzlich, aber leider wahr: Knapp 15 Jahre nach der UBS-Rettung wurde auch für die Credit Suisse CS, die zweite internationale Grossbank der Schweiz, eine staatliche Rettungsaktion nötig. Die Verantwortlichen der CS haben die Bank mit exzessiven Risiken und handwerklicher Überforderung in die Insolvenz getrieben. Und die Verantwortlichen beim Bund und bei der Nationalbank haben der Bevölkerung etwas vorgemacht. Sie gaben vor, die Probleme der «systemrelevanten» Banken so weit reduziert zu haben, dass es keinen zweiten UBS-Fall mehr geben würde, bei dem der Bund Garantien für Bankverluste übernehmen muss. Doch der wirtschaftsliberal inspirierte Plan, eine Bank in einen kontrollierten (Teil-)Konkurs zu schicken, hat sich im Krisenfall als nutzlos entpuppt.
Es war immer klar, dass der Konkurs einer Grossbank auch andere Banken oder Wirtschaftszweige mitreissen kann. Zumal die wankende Grossbank kaum alleine Probleme hat, sondern die Probleme in einem grösseren, internationalen Krisenumfeld auftreten. Die Logik der Too-big-to-fail-Massnahmen der Schweiz hat dieses Problem in Abrede gestellt. Die Aussage der Finma an der Medienkonferenz, dass bei einer «Vertrauenskrise» der «Too-big-to-fail»-Mechanismus nicht zum Tragen kommen kann, hinterliess einen fassungslos. Die Krise hat sich offenbar nicht an das Drehbuch der Behörden gehalten. Nationalbank, Bund und Finma verfolgten bei der Ausarbeitung Too-big-to-fail-Massnahmen nach der Finanzkrise einen wirtschaftsliberalen Ansatz: Grossbanken sollten so aufgestellt sein, dass sie auch Konkurs gehen könnten und man nur einen kleinen Teil überleben lässt. Darum haben sie den Aspekt der Prävention sträflich vernachlässigt. So wie es sich die betroffenen Banken gewünscht haben. Riskante Geschäfte und die Bonuslohnsysteme, welche dazu einluden, Risken einzugehen, wurden weiterhin toleriert. Der «Markt» würde die Aktionäre und das Management der Grossbank durch einen Konkurs bestrafen. Die Verantwortlichen der CS wussten es offenbar besser: Im Krisenfall ist mit einer Staatshilfe zu rechnen – quasi als Versicherung bei Totalschaden.
Der Niedergang der CS hat schon vor Jahren begonnen. Wer die Schuld bei den jüngsten Social-Media-Posts sucht, hat das Problem nicht verstanden. Die externen Analysen zu Archegos und Greensill sprechen beispielsweise eine klare Sprache. Die Jagd nach kurzfristigen Renditen und Risiken und die Bonuslohnsysteme, welche dieses Verhalten fördern, waren toxisch. Dazu kam, dass die CS eine Führungscrew mit sehr wenig Bankerfahrung hatte, welche die Risiken nicht im Griff hatte. Thiam kam von den Versicherungen, Rohner von Sat1 (mit einer Tätigkeit in der CS-Rechtsabteilung), Roche-Chef Schwan von der Pharma. Die CS-Führung bildete zudem nicht genügend Liquiditäts- und Eigenkapitalreserven, um bei diesen grossen Risiken für schwierige Zeiten vorbereitet zu sein.
Indem die CS von der UBS übernommen wird, wird zwar kurzfristig das Problem CS entschärft. Gleichzeitig entsteht eine neue, viel grössere UBS mit einer Bilanzsumme wie vor der Mitte der 2000er-Jahre. Und das mit einem Chef, dem eine Anklage wegen Geldwäscherei droht.
Es ist zwingend, dass nach dem faktischen Zusammenbruch der zweiten Grossbank endlich Massnahmen entwickelt werden müssen, welche solche Ereignisse künftig verhindern. Es braucht vor allem eine wirksame Prävention und erst in zweiter Priorität komplizierte Krisenmechanismen, die im Krisenfall unter Umständen gar nicht anwendbar sind. Der wirtschaftsliberale Ansatz, dass eine Grossbank bei groben Fehlern mit dem Konkurs bestraft wird, ist eine Illusion.
Die Behörden müssen dafür sorgen, dass die Banken ausreichend Liquiditäts- und Eigenkapital-Reserven haben, um die Verluste selber tragen zu können. Sie müssen Einschränkungen in Bezug auf die Risiken, die die Banken eingehen können, durchsetzen. Die risikotreibenden Bonuslohnsysteme müssen endlich abgeschafft werden. Und es sollen nur Personen eine Bank führen können, die die entsprechenden Qualifikationen haben. Die Finma hätte diesbezüglich eigentlich bereits Kompetenzen.
Die Ereignisse rund um die CS müssen konsequent aufgearbeitet werden. Es muss untersucht werden, inwiefern das Finanzdepartement, die Nationalbank und die Finma ihre Aufgaben wahrgenommen oder versäumt haben. Auch die Verbindungen zum Finanzplatz müssen transparent gemacht werden.
Medienmitteilung AVIVO Schweiz vom 17 März 2023
Genug ist genug!
Wir werden die Referenden unterstützen
Wir sind empört über viele Entscheide der Parlamentsmehrheit. Denn diese wirken sich auf die in bescheidenen Verhältnissen lebenden Menschen, die von der Teuerung ganz besonders betroffenen sind, schlimm aus. Bei diesen Entscheiden handelt es sich um:
- Ablehnung einer Anpassung der Renten an die Teuerung – aufgrund eines verächtlichen Meinungsumschwungs
- Ablehnung einer 13. AHV-Rente
- Ablehnung der Prämien-Entlastungs-Initiative und des Gegenvorschlags
- Aufweichung des Mieterschutzes zugunsten der Immobilienlobby
- Ablehnung eines straffreien Schwangerschaftsunterbruchs
- Und um das Fass zum Überlaufen zu bringen: Ablehnung des gemeinsam von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften ausgehandelten und vom Bundesrat übernommenen Vorschlags zur Reform der 2. Säule. Stattdessen eine BVG-Änderung nach der Devise «mehr zahlen, um weniger zu bekommen».
Wir blicken in diesem Jahr auf 75 Jahre AVIVO zurück, 75 Jahre. die von einem solidarischen Kampf um höhere Renten zeugen. Gleichermassen werden wir die angekündigten Referenden unterstützen.
Lausanne, den 17. März 2023
Christiane Jaquet, Präsidentin von AVIVO Schweiz
Für einen Energie-Unterstützungsfonds zur finanziellen Entlastung der Bevölkerung
Motion im Grossen Rat von Basel-Stadt von BastA!-Grossrat Oliver Bolliger, AVIVO-Mitglied
Die Angst vor einem Mangel an Gas, Öl und Strom beschäftigt Bund und Kantone seit Wochen intensiv und am 24. August hat der Bundesrat sein Vorgehen skizziert, um mit diversen Massnahmen der Energieknappheit zu begegnen.
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt setzt einen Krisenstab ein und hat am 30. August die Anpassung des Gebührentarifs der IWB genehmigt, die eine Tariferhöhung in der Grundversorgung von durchschnittlich 12-15% für Privatkunden und -kundinnen zur Folge hat. Der Regierungsrat hat Ende April in seiner mündlichen Beantwortung der Interpellation 49 betr. Entlastung von Armutsbetroffenen wegen hohen IWB-Rechnungen keinen Anlass gesehen, um Massnahmen zu treffen. Vier Monate später ist klar, dass die Energiekosten steigen und somit die Haushaltsbudgets der Bevölkerung stark belasten werden. Gleichzeitig wird das Leben aufgrund der Inflation teurer und für kommendes Jahr werden stark steigende Krankenkassen-Prämien vorausgesagt.
Damit die Kaufkraft der Basler Bevölkerung erhalten werden kann, braucht es neben individuellen Sparmassnahmen beim Gas-, Öl- und Stromverbrauch auch finanzielle Entlastungsmassnahmen von Seiten der Regierung und den IWB.
Damit rasches Handeln, welches in der Breite Wirkung erzeugen kann, möglich wird, braucht es ein staatliches Eingreifen, um die finanzielle Belastung durch steigende Energiekosten abzufedern.
Die Inflation und steigende Lebenshaltungskosten betreffen Menschen, die von Armut betroffen sind, bzw. über wenig Einkommen verfügen, sowie Familien im Allgemeinen stärker als normalverdienende Einzelpersonen-Haushalte. Jedoch wirken sich steigende Preise generell negativ auf die Kaufkraft der Bevölkerung aus.
Der Motionär fordert aufgrund der aktuellen Situation den Regierungsrat dazu auf, folgende Massnahmen per Motion zeitnah einzuleiten: Version für die gesamte Bevölkerung:
- Der Regierungsrat bildet einen Energie-Unterstützungsfonds, um die steigenden Energiekosten nicht vollständig auf die Bevölkerung umzulagern. Aus diesem Fonds werden die Mehrkosten, die den IWB durch die höheren Energiepreise entstehen, finanziert.
- Der Energie-Unterstützungsfonds soll progressiv ausgestaltet werden. Bezüger und Bezügerinnen von Sozialhilfe oder von Ergänzungsleistungen erhalten einen vollständigen Ausgleich. Je nach Höhe des steuerbaren Einkommens reduziert sich der Ausgleich, welcher durch den Unterstützungsfonds geleistet wird.
- Individuelles Energiesparen soll mit einem zusätzlichen Rabatt auf die Rechnung honoriert werden.
- Die Regierung lanciert für die Bevölkerung eine kantonale Sensibilisierungskampagne und leitet gemeinsam mit der Verwaltung und den grossen Schlüsselindustrien Massnahmen ein, um den Energieverbrauch zu senken und zukünftiges Sparpotential einzuleiten.
September 2022
Ungenügende Erhöhung der AHV- und IV-Renten
Medienerklärung von AVIVO vom 14.Oktober 2022
AVIVO Region Basel ist empört über den Entscheid, die AHV- und IV-Renten lediglich um 2.5% zu erhöhen! Angesichts einer Teuerung von 3.5%, zusätzlich steigender Krankenkassenprämien, Hypothekarzinsen und Energiekosten wird bewusst ein Abbau des in vielen Fällen ohnehin prekären Lebensstandards der AHV- und IV-Rentner:innen in Kauf genommen. Was hat der Bundesrat aus den Auseinandersetzungen um die letzte AHV-Abstimmung, aus den Diskussionen über die Altersarmut, aus den Forderungen der Frauen gelernt?
Aufgrund der Teuerung sind die Aussichten für die 2. Säule zusätzlich getrübt. Denn bei den BVG-Renten werden in der Regel keine Teuerungsanpassungen vorgenommen. Die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung zeigt deutlich die Schwächen unseres Rentensystems auf.
Nach wie vor und immer drängender fordert AVIVO deshalb existenzsichernde AHV- und IV- Renten, genau so wie es in unserer Bundesverfassung festgeschrieben steht. Und ausserdem müssen in der 2. Säule Teuerungsanpassungen gewährt werden.
Die rasche Einführung einer 13. AHV-Rente wäre ganz besonders für die Rentnerinnen und Rentner, die finanziell schlecht dastehen, zu begrüssen.
Zur Annahme der AHV-Vorlagen
Medienerklärung von AVIVO Region Basel
Seit Jahrzehnten kämpft AVIVO für existenzsichernde Renten. Und seit Jahrzehnten verhindern bürgerliche PolitikerInnen, dass der Verfassungstext zur AHV (Art 112, 2b) «Die Renten haben den Existenzbedarf angemessen zu decken.» endlich realisiert wird.
Die bürgerliche Reformblockade wurde von einer perfiden Angstpropaganda über das angeblich bevorstehende Ausbluten der AHV begleitet, obwohl deren Reserven 50 Milliarden ausmachen! Dadurch ist es den AHV-Gegnern auf Kosten der Frauen gelungen, einige Verschlechterungen bei der AHV durchzudrücken.
Infolge der Abstimmung wird die Altersarmut, von der vor allem die Frauen betroffen sind, in den kommenden Jahren einen weiteren Schub erhalten. Die Zunahme der Altersarmut wird infolge der Teuerungsentwicklung sehr viel stärker ausfallen, als vor einem Jahr noch befürchtet werden musste! Deshalb sind eine Erhöhung der Altersrenten, z. B. durch eine 13. AHV-Rente, sowie ein verbesserter Teuerungsanpassungsmechanismus (z. B. durch Deckelung gewisser Ausgabenposten) dringend nötig.
Unsere Forderung nach einer existenzsichernden AHV ist noch lange nicht vom Tisch.
Für den Vorstand von AVIVO Region Basel
Peter Flubacher und Nick Bramley (Präsident bzw. Vizepräsident)
www.avivo-basel.ch Sonntag, den 25. September 2022
Avivo in der Radiosendung «Regionaljournal»
Die Forderungen von Avivo wurden im Regionaljournal am 3. Juni 2022 thematisiert. Hier können Sie den Ausschnitt hören.